Eine ingenieurtechnische Perspektive auf die aktuelle Bevölkerungsentwicklung der Schweiz
Die Schweiz zählt heute über 9 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner. Diese Entwicklung ist kein Zufall, sondern das Resultat langfristiger Trends – steigende Lebenserwartung, abnehmende Geburtenrate und eine anhaltend hohe Zuwanderung. Was sich nüchtern in Statistiken ausdrücken lässt, stellt in der Summe eine strukturelle Herausforderung dar, die Planung, Systemdenken und Weitsicht verlangt.
Als Ingenieur betrachtet man Systeme nicht normativ, sondern funktional. Man fragt: Was hält? Was trägt? Welche Belastung kann aufgenommen werden, ohne dass sich Funktionalität oder Sicherheit verschlechtern? Diese Fragen gelten nicht nur für Brücken, Verkehrsachsen oder Energieversorgung. Sie gelten auch für Gesellschaften. Gerade dann, wenn sie sich im Wandel befinden.
Die Zahlen sind eindeutig: Ende 2024 lebten 9’048’900 Menschen in der Schweiz, so viele wie nie zuvor. Allein im Jahr 2024 lag der Wanderungssaldo bei +87’100 Menschen. Die ausländische Bevölkerung wuchs stärker als die einheimische. Gleichzeitig sank die durchschnittliche Kinderzahl auf einen historischen Tiefstand. Die demografische Dynamik verändert sich: Nicht die Geburt, sondern der Zuzug ist der zentrale Wachstumstreiber geworden.
Daran ist nichts grundsätzlich falsch. Migration ist Teil einer offenen Gesellschaft, oft mit wirtschaftlichem Nutzen verbunden und menschlich wie historisch nachvollziehbar. Doch sie verändert die Belastungspunkte bestehender Systeme – von der Raumplanung über die Energieinfrastruktur bis hin zu sozialen Einrichtungen. Und das stellt uns vor Fragen, die jenseits ideologischer Lager beantwortet werden müssen.
Belastungsgrenzen sind keine Meinung
Fläche, Wasser, Energie, Verkehrsnetze, Abwasser, Grünräume. All das sind nicht unendliche Ressourcen. Ein Bevölkerungswachstum, das sich dauerhaft auf Nettozuwanderung stützt, muss in Relation zu diesen begrenzten Systemkapazitäten gedacht werden. Die Schweiz ist ein hochfunktionales, aber auch hochdichtes Land. Neue Wohnungen bedeuten neue Infrastrukturen, zusätzliche Mobilität, mehr Energiebedarf. Jede Erweiterung im System bedeutet Integration in ein bestehendes Gefüge – und dieses ist nicht beliebig dehnbar.
Dabei geht es nicht darum, Ängste zu schüren oder Abschottung zu fordern. Sondern um die Frage, wie man innerhalb eines Landes mit begrenzten Ressourcen und hohem Anspruch an Lebensqualität das Wachstum so gestaltet, dass es tragfähig bleibt. Technisch gesprochen: Wie viele neue Elemente kann man in ein System einbauen, bevor dessen Funktion leidet? Und welche Redundanzen oder Reserven braucht man, um im Störfall reagieren zu können?
Eine alternde Gesellschaft braucht Stabilität
Die Abnahme der Geburtenrate und die gleichzeitige Überalterung der Bevölkerung erzeugen zusätzliche Spannungen. Immer mehr Menschen treten ins Rentenalter ein, während immer weniger junge Menschen nachrücken. Diese Entwicklung verstärkt die Abhängigkeit von Arbeitskräften aus dem Ausland, schafft strukturelle Herausforderungen in Pflege, Bildung und Generationenverhältnissen, und sie geschieht leise, aber kontinuierlich.
Ein nachhaltiges Modell wird sich deshalb weder auf permanentes Wachstum noch auf statische Reproduktion verlassen können. Es wird ein neues Gleichgewicht brauchen zwischen demografischer Realität, ökologischer Belastbarkeit und sozialem Zusammenhalt.
Ein Plädoyer für realistische Planung
Wir von ecologie suisse plädieren weder für einen Wachstumsstopp noch für gesellschaftliche Abschottung. Aber wir stellen die Frage nach der Gestaltbarkeit: Wie viele Menschen kann dieses Land aufnehmen, ohne seine ökologischen Grundlagen, seine sozialen Netze und seinen planerischen Handlungsspielraum zu überfordern?
Unsere Position ist keine ideologische, sondern eine planerisch-pragmatische: Wir wollen eine Schweiz, die nicht aus dem Leim geht, sondern aus Überzeugung zusammenhält. Eine Schweiz, die offen bleibt – aber auch weiss, worauf sie steht. Eine Schweiz, die Zukunft gestaltet, statt Wachstum zu verwalten.
Statt unreflektierter Expansion setzen wir auf Qualität, Resilienz und tragfähige Strukturen – technisch, ökologisch und sozial. Denn wie jedes gut geplante System gilt auch hier: Belastbarkeit entsteht nicht durch Ignorieren der Grenzen, sondern durch bewusste Gestaltung innerhalb derselben.


